
Ob beim Spielen, beim Jagen, als Stoppsignalisation, aus Frustration, in der Euphorie oder bei der Verteidigung…. der Biss einer Katze ist schnell und kann tief gehen.
Vor einigen Wochen wurde ich von einer Katze gebissen. Der wunderschöne Kater war neu im Tierheim, deshalb mussten wir uns zuerst gegenseitig kennenlernen. Er kam gerne, rieb das Köpfchen und strich um die Beine. So schnell und euphorisch er kam, so schnell und intensiv zeigte er, wenn er genug hatte. Zack, innerhalb von 1 Sekunde war der Biss geschehen. Ich hatte einen kleinen Kratzer der etwas blutete und einen nadelstichgrossen Punkt. Das sah so unspektakulär aus, als hätte man sich mal eben an einem Rosenbusch gestochen. Dieser kleine Stich führte mich trotzdem in die Notaufnahme.
Was erwartet dich in diesem Artikel
- Biss ist nicht gleich Biss
- Die Zähne der Katze genauer erklärt
- Der Biss und seine Folgen
- Was tun wenn’s passiert ist
- Wer bezahlt bei Verletzungen
- Der Umgang mit fremden Katzen
Beissen und andere Spielsachen
Grundsätzlich sollte unterschieden werden zwischen einem sogenannten Liebesbiss und einem echten Biss. Ein Liebesbiss ist nur ein leichtes Knabbern. Diese Geste ist eine echte Liebesbekundung deiner Katze. Es ist nicht zu verwechseln mit einem Biss der deine Haut verletzt. Auch wenn keine Verletzungen entstehen; eine Katze, die an die Wade oder an den Arm springt und beisst, hat nichts mit einem Liebesbiss zu tun, wie das manche in den sozialen Netzwerken in Videos betiteln. Ein Biss kann viele Gründe haben; aus Frustration, beim Spielen, als Abwehr- und Schutzverhalten, aus Langeweile oder in der Euphorie. Gerade beim Spielen ist das schnell passiert. Als Kitten verleiten sie rasch dazu die Hände für das Jagdspiel oder zum “Raufen” zu benutzen. Aber die Katze wird gross und die Krallen und Zähne werden entsprechend mit mehr Kraft eingesetzt. Der Katze erklären warum es als Kitten in Ordnung war mit der Hand zu spielen und dann plötzlich nicht mehr, geht nicht. Ich empfehle deshalb die Hände von Anfang an komplett aus dem Spiel zu nehmen, auch wenn es zu Beginn sehr schwerfällt.
Wir schauen dem Gaul mal ins Maul
Das Katzengebiss ist mit Schneidezähnen, Eckzähnen (Fang- oder Hakenzähne), den vorderen Backenzähnen (Vormahlzähne) und den hinteren Backenzähnen (Mahlzähnen) ausgestattet. Die vierten vorderen Backenzähne des Oberkiefers und die ersten hinteren Backenzähne im Unterkiefer sind Reisszähne. Das ganze Gebiss der Katze ist perfekt zum Ergreifen, Zerreissen, Zerschneiden und Zerkauen von Beutetieren ausgelegt. Das Milchgebiss von Kitten besitzt 26 Zähne. Im Alter von 4-5 Wochen kommen die Milchschneidezähne und mit 8 Wochen ist das Milchgebiss vollständig ausgebildet. Mit dem kompletten Milchgebiss beginnt auch die Umstellung auf festes Katzenfutter. Der Zahnwechsel beginnt mit 6-8 Monaten und die Milchzähne werden durch die erwachsenen Zähne ersetzt. Im Alter von 7-9 Monaten ist das endgültige Zahngebiss dann mit 30 Zähnen vollständig ausgebildet.
Was passiert wenn's passiert ist?
Wie auch bei uns Menschen, besteht das Milieu im Mund einer Katze aus unterschiedlichen Erregern und Bakterien. Es können unter anderem infektiöse Bakterien wie Pasteurella multocida und Capnocytophaga canimorsus im Speichel oder Staphylokokken, Streptokokken uvm. in der Mundflora vorhanden sein. Ein Biss kann diese Erreger übertragen, sich im Blutkreislauf vermehren und zu Infektionen führen. Ein Katzenbiss kann Tetanuserreger übertragen, die zu einer lebensbedrohlichen Situation führen können. Es ist deshalb wichtig deinen Impfschutz zu prüfen und ggf. aufzufrischen. Der Mix von Erregern und Bakterien im Mund sind auch der Grund weshalb gefangene Beutetiere zum Beispiel eine Maus oder ein Vogel nach einem Katzenbiss oft trotzdem sterben, auch wenn keine offensichtlichen Verletzungen vorhanden sind und man sie wieder freilässt. Oft wird der Biss einer Katze falsch eingeschätzt und unterschätzt. Mit den spitzigen Fangzähnen entstehen meist nur winzig kleine Nadelstichwunden, die in Rekordzeit heilen und nichts auf eine gefährliche Situation hinweist. Nicht nur die Bisswunde, auch die Erreger- und Bakterienübertragung bergen Gefahren. Nicht erkannte, nicht behandelte oder ausgebreitete Infektionen können bis zu Amputationen führen. Je nach Bissverletzung kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein. Vor allem bei Bissen in die Hände und den Handrücken ist die Schädigung der Sehnen und Knochen schnell passiert, weil der Schutz durch das kaum vorhandene Muskel- und Fettgewebe fehlt. Auch eine Entzündung kann einen Eingriff notwendig machen, indem infiziertes Gewebe entfernt werden muss und deine Beweglichkeit nachhaltig beeinträchtigen kann.
Jetzt ist handeln angesagt
Spüle die Wunde mit Wasser ab, um sie zu reinigen und desinfiziere sie sofort und gründlich. Ich rate dir zur Sicherheit immer einen Arzt oder die Notaufnahme aufzusuchen, egal wie klein die Wunde sein mag. Mache lieber eine Kontrolle mehr als eine zu wenig um irreparable Schädigungen zu vermeiden. Beobachte die Wunde und das Körperteil genau. Achte auf Warnzeichen einer Infektion. Wenn Schmerzen, Schwellungen, ein Pochen auftreten oder es beginnt heiss zu werden, sollte allerspätestens ein Arzt aufgesucht werden. Bei meinem Vorfall fing meine Hand nach ca. 1.5 Std. an anzuschwellen und schmerzte. Ich war froh zu dieser Zeit bereits im Wartezimmer der Notaufnahme zu sitzen, um sicherzustellen, dass keine schwerwiegenden Komplikationen entstehen. Ich bekam eine Tetanusimpfung zur Sicherheit und musste 5 Tage Antibiotika nehmen. Nicht jeder Katzenbiss entzündet sich. Wichtig ist die möglichen Folgen zu kennen, aufmerksam zu beobachten und einen Arzt aufzusuchen. Bitte nimm einen Katzenbiss nicht auf die leichte Schulter. Auch wenn er noch so trivial aussieht, können daraus schwerwiegende, gesundheitliche Folgen entstehen. Schäme dich nicht wegen einem “kleinen, unbedeutenden” Biss die Notaufnahme oder deinen Arzt aufzusuchen.
Money Money Money
Du wurdest von einer Nachbarskatze oder einer fremden Katze gebissen? Grundsätzlich haften Tierhalter für die Schäden ihrer Tiere. Bei Katzen ist diese Umsetzung des Gesetzes nicht so einfach anwendbar. Sie sind eigenständig und können nicht rund um die Uhr kontrolliert und beaufsichtigt werden. Die Schadens-, Unfall- oder Arztkosten bleiben so oft beim Geschädigten und der eigenen Unfallversicherung. Der Tierhalter kann sich aus Goodwill an den Kosten beteiligen, muss aber nicht.
Fremde Katzen
Generell empfehle ich dir eine fremde Katze nicht einfach anzufassen. Du kennst ihren Charakter, ihre Erfahrungen und Trigger nicht und sie dich und deine Kommunikationsgesten nicht. Nicht jede Katze, die sich an dir reibt, möchte auch gestreichelt werden. Es kann sehr schnell gehen und der Notfall ist geschehen, wie mein Beispiel sehr gut verdeutlicht. Auch die möglichen Kostenfolgen sind nicht zu unterschätzen. Mit deiner Stimme und dem Beschnuppern lassen, kannst du einer Katze auch ohne Handberührungen positive Eindrücke vermitteln.
Abschliessend
Ein Katzenbiss ist niemals ein schönes Erlebnis. Mit Schmerzen verbunden, kann schnell Wut aufkommen. Eine Bestrafung der Katze ist aber niemals angebracht, auch wenn du eine Verletzung hast. Die Katze beisst immer aus einem bestimmten Grund. Dies ist niemals aus Boshaftigkeit oder Rachegelüsten, sondern Instinkt und Kommunikation.
Quellen:
Lehrbuch für Tierheilpraktiker, SonntagVerlag, Sylvia Dauborn
Anatomie der Haustiere, Thieme Verlag, Horst Erich König, Hans-Georg Liebich
Tier im Recht Transparent, Gieri Bolliger, Antoine F. Goetschel, Michelle Richner, Alexandra Spring
ZDF Ratgeber (https://www.zdf.de/nachrichten/ratgeber/gesundheit/katze-katzenbiss-entzuendung-100.html)